Eugen Bleuler (1857–1939)
- Polyphrenie und Schizophrenie
Eugen Bleuler schlug 1911 den Namen Schizophrenie für eine Gruppe psychischer Störungen vor, die zuvor Emil Kraepelin unter dem Namen Dementia praecox zusammengefasst hatte. Die Namensgebung entstammt dem zeitgenössischen Denkmodell der Dissoziation (Zerspaltung psychischer Funktionen). Dazu übernahm Bleuler als damals einziger Universitätsprofessor die Psychoanalyse Freuds und deutete damit viele Symptome.
In seinem Lebenslauf und Werk wird eine in vielen Facetten schillernde Persönlichkeit ("Polyphrenie") sichtbar. Von dieser Vielfalt der Persönlichkeit – solange kohärent – ist die Zerspaltung des Ich-Selbst-Erlebens in den Syndromen der Schizophrenien zu unterscheiden. Persönlichkeit und Werk werden in der Perspektive auf die historische Einbettung und zukunftsgerichtet in Hinblick auf die Validität des Konstruktes Schizophrenie sowie auf die Differenzierung des Dissoziationsmodells konstruktiv-kritisch beleuchtet.
Die Monografie beruht auf den publizierten Texten Bleulers sowie auf Quellen aus dem Nachlass Eugen Bleulers und seinem Sohn Manfred (Fotografien, Notizen, Briefe etc.). Dazu kommen Schilderungen von Mitarbeitern und Kollegen.
Der Autor: Christian Scharfetter, emeritierter Professor für Psychiatrie, arbeitete als Kliniker, Lehrer und Forscher über 30 Jahre an der Psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli in Zürich, wo Eugen Bleuler zwischen 1898 und 1927 als Direktor wirkte. Seine hauptsächlichen Forschungsgebiete sind die Schizophrenien, einschliesslich des Dissoziationsmodells, sowie die Geschichte der Psychiatrie.
English Summary
The Swiss, Zurich-born Eugen Bleuler was one of the founding fathers of modern psychiatry. As professor at the University of Zurich and director of the world-renowned Burghölzli Psychiatric University Hospital, he not only introduced the concept of schizophrenia for a group of psychic disorders previously termed "dementia praecox" by Emil Kraepelin, but also adapted Sigmund Freud’s psychoanalytic theories to clinical practice.
In this monograph, Eugen Bleuler’s concepts, work and legacy which have not lost their relevance and utility after nearly a century are summarized, documented and commented on by Dr. Christian Scharfetter, Professor emeritus of psychiatry, who practiced for over 30 years as a clinician, teacher and researcher at Burghölzli. Dr. Scharfetter’s monograph goes far beyond a mere historical view to point out the significant implications of Bleuler’s syndrome-oriented psychopathology for current psychiatric and molecular-genetic research.
The book is in German only.
"Seit Jahren haben historisch interessierte Psychiater auf eine
Biographie von Eugen Bleuler gewartet. Nun ist sie endlich da,
geschrieben von einem profunden Kenner der Psychiatrie und Betreuer des
Bleuler-Nachlasses. Ein voluminöses Buch ist es geworden, auf 523 Seiten
wird nicht nur der Lebenslauf geschildert, sondern der Leser findet
auch eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit den theoretischen
Ansätzen Bleulers."
(Christian Müller, Gesnerus Vol. 63 (2006), S. 335)
"So vermischen sich Schwarz und Weiss in diesem Band zu einem
faszinierenden Porträt. Das Burghölzli war zu Bleulers Zeit zwar
finstere Hochburg der Eugenik, aber handkehrum machte es dieser Direktor
auch zur einzigen Universitätsklinik jener Zeit, die die Psychoanalyse
anerkannte. Nach mehrfachen Zeugnissen soll die Atmosphäre im Burghölzli
unter Bleuler konstruktiv, wohlwollend und offen für Diskussionen
gewesen sein."
(Unimagazin 2/06, März 2006, S.60)
"Scharfetters Buch beleuchtet nicht nur Bleulers Verdienste für die
Psychiatrie, sondern setzt sich auch mit dessen dunklen Seiten und
Verirrungen auseinander. Das ist bei einem Autor, der selber während
Jahren als Psychiatrieprofessor am Burghölzli tätig war, keine
Selbstverständlichkeit und macht die Lektüre besonders lohnend. So
erfährt der Leser, dass Bleuler bei Künstlern, religiösen Menschen und
Frauen, über die er sich oft abschätzig und in derber Sprache äusserte,
häufiger als bei anderen Autismus diagnostizierte (auch dieser Begriff
stammt von ihm).
(NZZ, 5.4.2006)
"Wie auch immer man zu Christian Scharfetters inhaltlicher
Positionierung in Sachen Selbstverständnis der Psychiatrie stehen mag,
dem angezeigten Buch sind eine weite Verbreitung und eine lebhafte
Kommentierung zu wünschen. Dies wird der aktuell eher dürren
Theoriedebatte in der Psychiatrie auf jeden Fall gut tun."
(Prof.Dr. Paul Hoff, Zürich, Der Nervenarzt 1/2006, S. 120)
"... ist all jenen zu empfehlen, die sich Zeit nehmen zum Studium
und Weiterdenken der Psychiatriegeschichte seit Pinel mit all ihren
grossartigen und kleinlichen Aspekten und mit den an ihr beteiligten
Personen."
(F.E. Wyss, Zürich, Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 157:8/2006, S. 394)
- Auflage: 1., 2006
- Seiten: 528 Seiten
- Abbildungen: Abbildungen, Dokumente und Faksilmiles
- Format in cm: 16,5 x 24,0
- Einbandart: gebunden
- ISBN: 978-3-7281-3037-2
- Sprache: Deutsch
- Lieferstatus: vergriffen, keine Neuauflage geplant